Krallenzehen
Definition von Krallenzehen
Bei Krallenzehen handelt es sich um eine Fehlstellung der Kleinzehen. Dabei ist das Grundgelenk der Zehe überstreckt, Mittel- und Endgelenk dagegen gebeugt. Mit dieser doppelten Krümmung erinnert die Zehe an eine Kralle. Der medizinische Name für einen Krallenzeh ist Digitus flexus (lat. digitus "Finger, Zehe", flexus "gebogen"), im Englischen wird der Begriff claw toe verwendet.
Wie machen sich Krallenzehen bemerkbar?
Zunächst verändern Krallenzehen das Bild der Füße. Von oben betrachtet erscheint die betroffene Zehe verkürzt und hochgestellt, von der Seite sieht sie aus wie eine Kralle. Die Fehlstellung hat aber nicht nur eine kosmetische Bedeutung: Das Abrollverhalten von Vor- und Mittelfuß wird gestört, wodurch Probleme beim Gehen und Fußschmerzen drohen. Durch die Beugung beider Zehengelenke kann auch das Ende der Zehe am Boden reiben und ebenfalls Beschwerden machen.
Oft kommt es auch zu Hautveränderungen: In Schuhen geraten die hochstehenden Bereiche der Krallenzehe gewöhnlich unter Druck. Dann entwickeln sich an der Oberseite der Zehe Rötungen, Schwielen und Hühneraugen. Entzündungen sind ebenfalls möglich, sie können bis zu Eiterung und Aufbruch der Haut reichen.
Wie entstehen Krallenzehen?
Die Stellung der Zehen in Ruhe und auch unter Belastung ist abhängig von der Balance der passiven Stabilisatoren (Sehnenplatten, Gelenkkapsel und Seitenbänder) und von den aktiven Stabilisatoren (sog. intrinsische und extrinsische Muskulatur des Fußes). Beim normalen Gang wird auch beim gesunden Fuß aktiv und kurzfristig eine Krallenzehenstellung eingenommen, die aber rasch wieder verschwindet. Für die Entstehung von fixierten Krallenzehen gibt es innere und äußere Ursachen. Zu den inneren Faktoren zählen
- anatomische Gegebenheiten wie ein angeborener, relativ langer Zeh oder eine angeborene Verkürzung der Strecksehnen,
- statische Fußveränderungen wie Plattfuß, Hohlfuß oder unzureichende Tragefähigkeit des ersten Mittelfußstrahles (z. B. beim Hallux valgus),
- neurologische Erkrankungen wie eine Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung,
- spastische Lähmungen, z. B. durch frühkindliche Hirnschädigung sowie
- entzündliche oder metabolische Störungen wie rheumatoide Arthritis, Diabetes oder Gicht.
Zahlreiche äußere Ursachen sind ebenfalls an der Entstehung von Krallenzehen beteiligt:
- enge oder zu kleine Schuhe,
- hochhackige Schuhe (sie lassen den Fuß nach vorne rutschen und schieben dadurch die Zehen zusammen),
- Verletzung der Zehen, des Fußes und des Beines, falsch verheilte Frakturen des Zehen,
- Schädigung der Streckmuskeln und deren Verkürzung (z. B. durch Verletzungen mit Kompartmentsyndrom am Unterschenkel oder Vernarbung der langen Zehenbeugersehen hinter dem Innenknöchel) oder
- postoperative Narben im Sehnenverlauf am Unterschenkel.
Meist sind bei der Entwicklung zu Krallenzehen verschiedene Ursachen zusammen am Werk. Sie führen zu einer Veränderung der Position im Grundgelenk der Zehe. In der Folge wird die Muskelfunktion geschwächt und die Zehenfehlstellung mehr und mehr fixiert.
Verlauf der Krallenzehen-Fehlstellung
Der Verlauf ist schleichend über Jahre. Nur bei den Unfallverletzungen entsteht die Fehlstellung sehr rasch. Durch die Fehlstellung kommt es langfristig zu kaum noch veränderbaren Verkürzungen der Sehnen, was die Krallenzehstellung weiter fixiert. Problematisch ist auch, dass sich die für die Dämpfung wichtigen Fettweichteile nach vorn verschieben. Dadurch werden andere, weniger an die Belastung angepasste Haut- und Weichteile stärker belastet und geschädigt.
Insgesamt kommt es bei Krallenzehen zu einer zunehmenden Instabilität im Vorfuß und einer Fehlbelastung des gesamten Fußes. Aufgrund dessen drohen in der Folge
- Spreizfuß,
- Mittelfußschmerzen und
- Morton Neurome.
Wie diagnostiziert der Arzt Krallenzehen?
Nach Schilderung der Beschwerden erfolgt die Diagnose durch eine Kombination aus klinischer Untersuchung und bildgebenden Verfahren. Meist kann der Arzt schon durch das bloße Betrachten die Überstreckung im Grundgelenk und die Beugung im Mittel- und Endgelenk erkennen. Die Zehen werden auf Druckstellen und Schwielen untersucht, bei den Strecksehnen achtet er auf Verkürzungen und Spannung.
Die Zehen werden einzeln passiv, also vom Arzt bewegt. Auf diese Weise erkennt der Fußspezialist, ob die betroffene Zehe sich noch strecken lässt oder schon versteift ist. Auch an der Zehe ist eine Art Schubladentest möglich: Damit kann man untersuchen, ob das Grundgelenk instabil ist.
Bildgebende Verfahren wie das Röntgen bestätigen dann die Diagnose. Außerdem kann man anhand der Aufnahmen das Ausmaß der Fehlstellung und verschleißbedingte Veränderungen an den Zehengelenken erkennen.
Wie behandelt man Krallenzehen?
Solange sich der Zeh noch passiv strecken lässt, sollte eine konservative Therapie versucht werden. Es ist wichtig, frühzeitig mit der Behandlung zu beginnen. Auf diese Weise sind die Chancen gut, dass die Fehlstellung nicht starr (kontrakt) wird. Eine kontrakte Fehlstellung führt am häufigsten zu Störungen und kann durch Training nicht mehr zur Rückbildung gebracht werden.
Operations-Indikationen bei Krallenzehen
Lassen sich die Beschwerden konservativ nicht lindern, steht ein operativer Eingriff an. Damit soll die Mechanik im Schuh verbessert werden, um chronische Entzündungen und Hühneraugen zu vermeiden. Die Korrektur der Fehlstellung ermöglicht es, die Funktion von Zehen und Vorfuß wieder herzustellen und hilft dabei, Folgeerkrankungen der Krallenzehe zu vermeiden.
Je nach Schwere der Fehlstellung kommen Weichteileingriffe wie Sehnenverlängerung und -verlagerung und Knocheneingriffe infrage. Die Korrektur der knöchernen Fehlstellung erfolgt z. B. durch Entnahme eines knöchernen Keils oder durch Abtragen von Überständen. Immer muss der gesamte Fuß beurteilt werden. Liegt gleichzeitig ein Platt- oder Hohlfuß vor, muss dieser häufig mit behandelt werden.