Morbus Köhler: Nekrose der Mittelfußköpfchen
![In der klinischen Untersuchung macht der Fußspezialist sich ein erstes Bild. © StockImageBrasil, Adobe Untersuchung eines Kinderfußes](/fuss-sprunggelenk/fussschmerzen-kind.jpg)
Definition des Morbus Köhler
Der Morbus Köhler (benannt nach dem Radiologen Alban Köhler) ist eine seltene Knochenerkrankung des Fußes, die vor allem Kinder und Jugendliche betrifft. Es kommt dabei zu einer aseptischen Osteonekrose, d. h. zu einem Absterben von Knochengewebe. Als Ursache gelten Durchblutungsstörungen, diskutiert wird auch mechanischer Druck als Mitauslöser. Beschwerden sind Schmerzen und Gangstörungen. Die Folgen eines Morbus Köhler können sich bis ins Erwachsenenalter auswirken und zu einer Metatarsalgie führen. Oft entwickelt sich auch eine Arthrose.
Unterschieden werden beim Morbus Köhler zwei Formen:
- Beim Morbus Köhler I entsteht die Osteonekrose am Kahnbein (Os naviculare). Das Erkrankungsalter liegt zwischen 2 und 8 Jahren. Es leiden deutlich mehr Jungen daran als Mädchen. Der Morbus Köhler I heilt in fast allen Fällen unter konservativer Therapie aus, ohne nachfolgende Deformität des Knochens. Vom Morbus Köhler abzugrenzen ist die Osteonekrose des Kahnbeins bei Erwachsenen, das sog. Müller-Weiss-Syndrom.
- Der Morbus Köhler II (nach seinem zweiten Beschreiber Albert Freiberg auch Morbus Freiberg-Köhler genannt) findet sich vorwiegend bei Mädchen im Teenageralter, also zwischen 12 und 16 Jahren. Geschädigt werden beim Morbus Köhler II die Köpfchen der Mittelfußknochen (Ossa metatarsalia), insbesondere das Mittelfußköpfchen des zweiten Zehenstrahls. Bei der Abheilung des Morbus Köhler II kann es zu Knochendeformitäten kommen, die eine operative Therapie nötig machen.
Wie macht sich ein Morbus Köhler bemerkbar?
Symptome und Verlauf des Morbus Köhler I variieren stark. Manche Patienten haben überhaupt keine Beschwerden und die Erkrankung wird zufällig entdeckt, z. B., wenn der Fuß aus anderem Grund geröntgt wird. Andere bekommen unter Anstrengung und später auch beim normalen Gehen Schmerzen im Mittelfuß. Besonders schmerzhaft ist das Abrollen des Fußes. Etliche Kinder beginnen zu hinken oder versuchen, das Gehen zu vermeiden. Manchmal ist der Bereich über dem Kahnbein geschwollen, gerötet und druckschmerzhaft. In bis zu 20 % der Fälle tritt die Erkrankung an beiden Füßen auf.
Der Morbus Köhler II bleibt im Stadium der Osteonekrose häufig unbemerkt. Kommt es beim Abheilen derselben zu Deformitäten des Mittelfußköpfchens, können die ersten Probleme auftreten. Vor allem bei Abflachung der Gelenkfläche wird das Abrollen beim Gehen schmerzhaft. Im weiteren Verlauf schwillt das Gelenk an und es wird schwierig, den Zeh im Grundgelenk zu strecken. Klinisch machen sich diese Veränderungen durch Schonhinken und einen erschwerten Zehenspitzenstand bemerkbar. Außerdem ist das Abspringen über den Vorfuß stark eingeschränkt. Meist ist nur ein Fuß betroffen.
Im Erwachsenenalter können sich je nach Behandlung und Abheilung die Folgen eines Morbus Köhler bemerkbar machen. Oft kommt es im geschädigten Bereich zu einer Arthrose mit belastungsabhängigen Beschwerden. Je nach Ausprägung sind Ruheschmerzen und Schwellungen über dem Mittelfuß möglich.
Nach langjährigem Verlauf bleibt beim Morbus Köhler II oft eine Verdickung des Mittelfußköpfchens zurück. Bei deformiertem Mittelfußköpfchen drohen die Fehlstellung der Zehe und eine Arthrose im Zehengrundgelenk. Ähnliches kann passieren, wenn die Osteonekrose vernarbt. Auch Schwielen unter dem betroffenen Mittelfußköpfchen können eine Folge der Erkrankung sein.
Wie entsteht ein Morbus Köhler?
Die Ursache des Morbus Köhler ist noch nicht komplett bekannt. Vermutet werden bei beiden Formen Durchblutungsstörungen des wachsenden Knochens. Sie können z. B. bei Bluterkrankungen wie der Sichelzellanämie auftreten. Diskutiert werden als Auslöser Gefäßverletzungen durch Traumata oder Verkrampfungen von kleinsten Gefäßen. Daneben könnte beim Morbus Köhler I auch mechanischer Druck eine Rolle spielen. Beim Morbus Köhler II vermuten die Experten zudem genetische Faktoren, weil eine familiäre Häufung der Erkrankung bekannt ist.
Durch die Durchblutungsstörung verändern sich die Knochenkerne. Im Initialstadium lockert sich die Struktur auf, der Knochen entkalkt in diesem Bereich und es bilden sich verdichtete Herde. Im weiteren Verlauf kommt es dann zum Kondensationsstadium mit weiterer Verdichtung. Zuletzt tritt das sogenannte Fragmentstadium auf. Es ist gekennzeichnet durch einen scholligen Zerfall des Knochens, der dann im Reparationsstadium wieder aufgebaut wird.
Wie diagnostiziert der Arzt den Morbus Köhler?
Anamnese und klinische Untersuchung lenken den Verdacht auf die Erkrankung. So ist beim Morbus Köhler II die Streckung des betroffenen Zehengrundgelenks eingeschränkt oder sogar aufgehoben, zudem ist der Zehenstand erschwert. Bei beiden Formen zeigt sich oft ein Schonhinken. Das Gelenk ist geschwollen und druckschmerzhaft.
Abgesichert wird die Diagnose durch bildgebende Verfahren. Im Röntgenbild lassen sich die verschiedenen Stadien der Erkrankung gut erkennen. Um die Strahlenbelastung zu verringern, wird bei Kindern und Jugendlichen statt des konventionellen Röntgens häufig eine magnetresonanztomographische Untersuchung (MRT) eingesetzt. MRT-Aufnahmen sind auch besser zur Verlaufskontrolle geeignet und erforderlich, wenn bei Morbus Köhler II eine Operation ansteht.
Der Morbus Köhler II wird in folgende röntgenologische Stadien eingeteilt:
- Stadium I: Keine sichtbaren Veränderungen
- Stadium II: Verdichtung des Mittelfußköpfchens
- Stadium III: Fragmentation des Mittelfußköpfchens
- Stadium IV: Arthrose des Zehengrundgelenks
Wichtige Differentialdiagnosen beim Kind zum Morbus Köhler I sind:
- Tumoren,
- Tuberkulose und
- Knocheneiterungen.
Wie behandelt man den Morbus Köhler?
Der Morbus Köhler I heilt innerhalb von vier bis sechs Wochen unter Schonung mit Sportpause, entlastenden Einlagen und einer antientzündlichen Therapie meist folgenfrei aus. Je nach Befund wird manchmal das Tragen eines Gipsverbands verordnet. In einigen Studien hat sich in frühen Stadien des Morbus Köhler I auch die hyperbare Sauerstofftherapie bewährt.
Die konservative Therapie bei Morbus Köhler II verfolgt mehrere Ziele: Das betroffene Mittelfußköpfchen soll entlastet und straffe, aktiv nicht mehr beeinflussbare Fehlstellungen der Zehen vermieden werden. Außerdem ist es wichtig, Muskelungleichgewichte am Fuß zu behandeln oder ihnen vorzubeugen.
In vielen Fällen heilt auch der Morbus Köhler II ohne Folgen aus. Entscheidend bei der Therapie ist, dass die Patientinnen ihren Fuß schonen. Denn nur so kann die Knochennekrose in Ruhe ausheilen. Parallel dazu werden folgende unterstützende Maßnahmen eingesetzt:
- Einlagen, Schmetterlingsrolle im Schuh oder eine Anpassung des Schuhs, um das betroffene Gelenk weich zu betten,
- physiotherapeutische Übungen zur Kräftigung der Fußmuskulatur und zur Verbesserung der Beweglichkeit,
- entzündungshemmende (antiphlogistische) Maßnahmen wie Kälte oder Wärme, je nach Reizzustand aber auch schmerzlindernde und entzündungshemmende Medikamente und
- Ultraschalltherapie zur Reizhemmung.
Operation bei Morbus Köhler: Wann sollte operiert werden?
Normalerweise besteht bei beiden Formen der Erkrankung keine Indikation zur Operation. Manchmal kommt es allerdings beim Morbus Köhler II aufgrund einer unzureichenden Therapie oder einer verspäteten Diagnose zu einer Verformung des Mittelfußköpfchens mit Abflachung der Gelenkfläche. In diesen Fällen kann eine frühzeitige operative Korrektur der Kopfform Schmerzen und Funktionseinschränkungen bessern und einer späteren Arthrose vorbeugen.
Ist es schon zur Arthrose gekommen, muss zusätzlich eine Stellungskorrektur durchgeführt werden. Eine Versteifung im Zehengrundgelenk wird von den Betroffenen nur selten gut toleriert und deshalb in der Gelenk-Klinik nicht praktiziert.
Folgende Operationen werden je nach Stadium der Erkrankung bei Morbus Köhler durchgeführt:
- Knorpelknochentransplantation,
- Knochenabtragung am Kopf des Mittelfußknochens und
- Knochenabtragung mit Stellungskorrektur des Kopfes für eine bessere Beweglichkeit.