Arthrose im Sprunggelenk mit Varusfehlstellung (O-Fehlstellung)
Definition der Varusarthrose im Sprunggelenk
Die Varusarthrose des Sprunggelenks ist eine lokale Arthrose, die im Gegensatz zur konzentrischen Sprunggelenksarthrose nicht das gesamte Gelenk, sondern nur dessen inneren Anteil befällt. Deshalb wird die Erkrankung auch innenliegende oder mediale Sprunggelenksarthrose genannt. Ursache ist eine Varusfehlstellung des Sprunggelenks mit nach außen gekipptem Sprungbein (Talus). Durch die Fehlstellung werden die inneren Bereiche des Sprunggelenks vermehrt belastet, was dort zu einem verstärkten Verschleiß von Knorpel und Knochen und somit zu einer Arthrose führt.
Wie macht sich eine Varusarthrose bemerkbar?
Eine Arthrose im Sprunggelenk zeichnet sich durch tiefliegende Schmerzen aus. Bei der Varusarthrose im Sprunggelenk treten diese vor allem am inneren Bereich des Gelenks auf. Meist verstärken sie sich durch Belastung, später können die Schmerzen auch in Ruhe auftreten. Manche Patienten berichten vor allem im Anfangsstadium auch über Anlaufschmerzen und ein Gefühl der Gelenksteifigkeit. Im Verlauf der Erkrankung drohen weitere funktionelle Beschwerden. Das Sprunggelenk wird instabil und längeres Gehen führt zu einer schnellen Ermüdung.
Schmerzhafter Teufelskreis
Arthrose und Fehlstellung verstärken sich gegenseitig. Die vermehrte Belastung führt zum Verschleiß des Gelenkknorpels und des unter ihm liegenden Knochens. Diese Veränderungen verstärken wiederum die Fehlstellung, d. h. das Sprungbein (Talus) verkippt immer weiter.
Von außen lässt sich auch eine Formveränderung erkennen. Oft ist das Gelenk an der Innenseite geschwollen, in entzündlichen Phasen auch gerötet und überwärmt. Auf Dauer verliert das Sprunggelenk seine äußere Form. Die Varusfehlstellung (analog zum Knie auch O-Fehlstellung genannt) verstärkt sich durch Abnutzung des Knorpels. Der äußere Knöchel steht verstärkt nach außen.
Wie entsteht eine Varusarthrose?
Die Varusarthrose entsteht durch eine Varusfehlstellung des Sprunggelenks. Diese Fehlstellung kann verschiedene Ursachen haben:
- unfallbedingte Knochenbrüche oder Bänderrisse in diesem Bereich,
- angeborene oder erworbene Fußfehlstellungen oder
- Störungen der Beinachse.
In seltenen Fällen kommt es auch ohne erkennbaren Auslöser zu einer Varusarthrose des Sprunggelenks.
Entwicklung einer Varusarthrose nach Verletzung
Nach einer akuten Verletzung wird eine Varusfehlstellung anfänglich oft durch die vorhandenen Sehnen, Muskeln und Restbänder ausgeglichen. Auch die benachbarten Gelenke können die Fehlstellung eine lange Zeit kompensieren und dadurch verschleiern. Das hat jedoch Folgen: Die ausgleichenden Strukturen werden über Jahre hinweg vermehrt belastet. Können die Muskeln und Bänder den Ausgleich nicht mehr leisten, entwickeln sich zunehmend Schmerzen und Funktionseinbußen am Sprunggelenk. Schonhaltung und schmerzbedingte Ausweichbewegungen verschlimmern die Dysbalance und Überlastung zusätzlich. Gleiches droht den benachbarten Gelenken. Durch Über- und Fehlbelastung entwickeln sie ebenfalls häufig eine Arthrose.
Wie diagnostiziert der Arzt eine Varusarthrose?
Zunächst lässt sich der Arzt die Beschwerden genau schildern. Bei der klinischen Untersuchung tastet er den Fuß auf Druckschmerzen ab und prüft die Beweglichkeit und die Stabilität des Sprunggelenks. Im Stand beurteilt er die Beinachsen und die Stellung des Fußes. Mit der Laufbandanalyse und der Pedographie werden das Gangbild und die Belastung des Fußes beim Gehen und Stehen analysiert.
Anhand von Röntgenbildern erkennt der Arzt nicht nur eventuelle Fehlstellungen, sondern auch das Ausmaß der arthrosebedingten Schäden. Dazu gehören z. B. ein verschmälerter Gelenkspalt, Knochenanbauten (Osteophyten) oder die Sklerosierung des unter dem Gelenkknorpel liegenden Knochens. Manchmal sieht man auch, dass sich im Zuge der Veränderungen der Innenknöchel abgeflacht oder sich eine Vertiefung im hinteren inneren Schienbeinknochen gebildet hat.
Die genauere Beurteilung von Knorpel und Bändern gelingt durch die Magnetresonanztomographie. Auch der weniger aufwändige Ultraschall ist hilfreich. Damit kann der Arzt ebenfalls Schäden an den Bändern erkennen und Gelenkergüsse aufspüren.
Wie behandelt man eine Varusarthrose ?
Die konservative Behandlung einer Varusarthrose fußt auf Physiotherapie und physikalischer Therapie, Verhaltensanpassung, Hilfsmitteln und schmerzlindernden Medikamenten.
- Zentrale Säule ist die Physiotherapie. Spezielle Übungen dienen dazu, die unterstützenden Muskeln (insbesondere den Musculus peroneus brevis) aufzubauen und die außen liegenden Bänder zu stärken. Die verkürzten Bänder im Innenbereich des Sprunggelenks müssen gedehnt und das Gelenk insgesamt mobilisiert werden.
- Die in der Sprunggelenksschule erlernten Übungen sollen regelmäßig in Eigeninitiative durchgeführt werden.
- Gegen die Schmerzen helfen entzündungs- und schmerzlindernde Medikamente. Meist werden NSAR wie Ibuprofen oder Diclofenac eingesetzt. Sie können lokal als Creme aufgetragen oder – vorübergehend – als Tabletten eingenommen werden.
- Wenn der Fuß aktiv nicht ausreichend stabilisierbar ist, verordnet der Arzt Orthesen oder Einlagen, die den Rückfuß stärken. Parallel dazu muss der Fuß weiter aktiv trainiert werden.
- Um weitere Schäden am einseitig belasteten Gelenk zu verhindern, muss die alltägliche Belastung angepasst werden. Das trifft insbesondere auf Sport zu: Fußball, Tennis und andere Sportarten mit abrupten Bremsmanövern oder Richtungswechseln sind besonders belastend und deshalb zu unterlassen.
- Im Rahmen der physikalischen Therapie sind bei akut entzündetem Gelenk Kälteanwendungen schmerz- und entzündungslindernd. In Phasen ohne Entzündung können Wärme und Elektrotherapie die Durchblutung verstärken und dadurch häufig die Funktion verbessern.
- Zur Unterstützung der genannten Maßnahmen wird häufig auch die Matrixtherapie empfohlen.
Frühzeitig operieren
Die OP-Indikation sollte bei Arthrosezeichen frühzeitig gestellt werden, um die Chance auf eine geringe Einschränkung nach erfolgreicher Operation zu erhöhen. Ziel ist die Reduktion von Schmerzen und der Erhalt des Gangbildes. Für die Korrektur der Fehlstellung im Sprunggelenk stellt der Fußchirurg die Gelenkebene gerade und normalisiert die Sehnenzüge sowie die Muskelkraftverhältnisse. Auf diese Weise wird das Gelenk gleichmäßiger belastet und der Verschleiß aufgehalten. Wenn erforderlich, korrigiert der Operateur Begleitfehlstellungen des Fußes und ggf. des Rückfußes.
Gelingt dies nicht, kann bei Wunsch des Patienten nach einer beweglichen, gangbilderhaltenden Versorgung des Sprunggelenks eine Sprunggelenksprothese erwogen werden. Bei schwerer Fehlstellung ist dies meist nicht möglich. In diesen Fällen ist die Arthrodese, also die Gelenkversteifung, eine Behandlungsoption.
Mögliche OP-Typen bei Varusarthrose im OSG
Zur Operation einer Varusarthrose stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung, die je nach Ausmaß der Fehlstellung kombiniert werden. Die Eingriffe sind teilweise in einer Sitzung durchführbar. Je komplexer die Fehlstellung, desto wahrscheinlicher ist jedoch ein zwei- oder mehrzeitiges Vorgehen. Die Eingriffstypen werden grob in folgende Bereiche unterteilt:
Knochen-Operationen (Osteotomie am Sprunggelenk):
Knocheneingriffe mit Veränderung der Stellung
werden als Umstellungsosteotomien bezeichnet. Die sog. supramalleolären Umstellungsoperationen finden
oberhalb der Sprunggelenkslinie statt. Es kann sowohl am Schienbein eine aufklappende innere Umstellung
als auch eine äußere zuklappende Umstellung durchgeführt werden. Vor allem bei Fehlstellungen über 10°
ist eine zusätzliche Umstellung des Wadenbeins notwendig. Bei Begleitfehlstellungen können
Fersenbeinoperationen zur Normalisierung des Achillessehnenzuges erforderlich werden. Steht das
Sprungbein nach Korrektur wieder horizontal in der Sprunggelenksgabel, muss manchmal eine
Stellungsanpassung des Vorfußes oder der Fußwurzel erfolgen. Dies geschieht z. B. durch Entnahme oder
Einfügen eines Knochenkeils oder auch durch Versteifung eines Gelenks.
Sehneneingriffe:
Oft verändern sich im Laufe der Erkrankung oder bei angeborenen Fehlstellungen
die Sehnenzüge. Dann müssen die Sehnen verlängert oder verlagert werden. Ein Beispiel ist die
Verlagerung der innen ansetzenden Sehne des hinteren Schienbeinmuskels (Musculus tibialis posterior)
nach außen auf den kurzen Wadenbeinmuskel (Musculus peroneus brevis). Auch mit der Verlagerung der
langen Wadenbeinmuskelsehne lassen sich chronische Bandschädigungen ausgleichen.
Bandeingriffe (Bandplastik oder Bandrekonstruktion):
Alte Bandverletzungen oder im Verlauf der
Fehlstellung entstandene Bandschädigungen müssen gesondert mit Bandplastiken versorgt werden. Zur
Ausheilung ist es meist erforderlich, das Gelenk vorübergehend zu fixieren.