Osteochondrale Läsion im Sprunggelenk
Definition der osteochondralen Läsion
Osteochondrale Läsionen (OCL) sind kombinierte Schädigungen von Gelenkknorpel und darunter liegendem Knochen (griech. chondros "Knorpel", osteon "Knochen"). Am oberen Sprunggelenk betreffen diese Knorpel-Knochen-Veränderungen insbesondere die Gelenkfläche des Sprungbeins (Talus), die sogenannte Talusrolle. In seltenen Fällen entstehen sie auch an der Gelenkfläche des Schienbeins (Tibia).
Nicht verwechseln!
Von osteochondralen Läsionen unterscheiden muss man die sogenannte Osteochondrosis dissecans, die insbesondere beim jungen Menschen eintritt. Die Erkrankung hat ihren Namen von der möglichen Auslösung eines schon in jungen Jahren abgestorbenen Knorpel-Knochen-Fragmentes (Dissekat). Dieses Dissekat kann sich vollständig ablösen und als "Gelenkmaus" frei im Gelenk schwimmen. Die beiden Bezeichnungen werden oft synonym benutzt, dies ist inhaltlich aber falsch.
Wie machen sich osteochondrale Läsionen bemerkbar?
Die Beschwerden entwickeln sich meist schleichend. Vor allem unter Belastung empfinden die Betroffenen Schmerzen im Bereich des Außen-, seltener des Innenknöchels. Beim Sport werden die Beschwerden durch plötzliche Richtungswechsel verstärkt. Begleitend kommt es häufig zu Stechen, Blockierungsgefühlen sowie Brennen oder Druck im Gelenk, auch Gelenkschwellungen sind möglich.
Vorsicht Blockaden
Jede Form von Blockierung und Bewegungseinschränkung im Sprunggelenk, aber auch der nach einer Belastung auftretende Schmerz sind abzuklärende Symptome.
Im weiteren Krankheitsverlauf können Anlaufschmerzen und Ruheschmerzen auftreten. Als Spätfolgen drohen Bewegungseinschränkungen, manchmal kann das Bein gar nicht mehr belastet werden.
Wie entstehen ostechondrale Läsionen am oberen Sprunggelenk?
Es gibt viele Faktoren, die Knorpel-Knochenschädigungen am oberen Sprunggelenk auslösen können. Häufig sind sie auch kombiniert am Werk und verstärken ihren schädigenden Einfluss gegenseitig. Beispiele sind:
- Umknicktraumen. Sie sollen in etwa 6,5 % der Fälle zu osteochondralen Läsionen führen, wobei die Dunkelziffer noch erheblich höher geschätzt wird,
- Brüche oder Bandverletzungen des Sprunggelenks,
- Bandinstabilitäten
- Fehlbelastungen, z. B. durch Fehlstellungen wie beim Knick-Senkfuß (Pes planovalgus),
- Überlastung des Gelenks durch falsches oder übertriebenes Training,
- Durchblutungsstörungen.
Auch genetische, hormonelle und stoffwechselbedingte Einflüsse sollen osteochondrale Läsionen begünstigen. In etlichen Fällen lässt sich allerdings kein spezifischer Auslöser finden. Dann spricht man von einer idiopathischen osteochondralen Läsion.
Sportler sind besonders häufig von osteochondralen Läsionen am oberen Sprunggelenk betroffen. Insbesondere Sportarten mit hoher Stoßbelastung können das Sprunggelenk schädigen. Zu diesen gehören Fußball, Basketball und Karate. Aber auch Laufen auf unebenem Grund wie beim Cross- oder Geländelauf nimmt das Sprunggelenk überproportional stark in Anspruch.
Wie diagnostiziert der Arzt osteochondrale Läsionen?
Nach gründlicher Befragung führt der Arzt eine körperliche Untersuchung durch. Er inspiziert den Fuß, tastet das Sprunggelenk ab und prüft es auf Instabilitäten. Dafür dreht und beugt er den Fuß des Patienten und führt spezielle Tests wie den Schubladentest oder die Überprüfung der Aufklappbarkeit durch.
Im Röntgen kann eine Instabilität nur teilweise erkannt werden. Röntgenuntersuchungen helfen jedoch dabei, den Knorpel-Knochen-Defekt besser beurteilen zu können und eine bereits vorhandene Arthrose oder ein Dissekat zu erkennen. Die MRT-Diagnostik (kernspintomographische Untersuchung) ist wiederum zum Nachweis der Erkrankung im frühen Stadium wichtig. Außerdem lassen sich dadurch die Größe, die Lokalisation und die Aktivität der Läsion erkennen.
Für die direkte Darstellung und die Beurteilung, wie weit fortgeschritten die Erkrankung ist, dient die Spect-CT-Untersuchung. Dabei handelt es sich um eine Szintigraphie, die mit einer Computertomographie kombiniert wird. Bei speziellen diagnostischen Überlegungen kommt manchmal auch eine Arthrographie zum Einsatz.
Fehlstellungen des Fußes und des Beines und ein verändertes Gangbild lassen sich anhand der Podometrie beurteilen. Manchmal sind zusätzlich eine Muskeluntersuchung per EMG und neurologische Prüfungen erforderlich.
Wie behandelt man osteochondrale Läsionen?
Im Frühstadium dieser Erkrankung ist eine gezielte Physiotherapie sinnvoll. Dies gilt vor allem dann, wenn gleichzeitig mehrbewegliche Gelenke vorliegen, z. B. aufgrund einer unfallbedingten Verletzung oder von Bänderschäden. In der Sprunggelenkschule wird mit speziellen Übungen die das Sprunggelenk umgebende Muskulatur gekräftigt. Das propriozeptive Training dient dazu, dass die Selbstwahrnehmung und damit die Steuerung der Gelenkprozesse und die gesamte Stabilität verbessert werden. Ziel der physiotherapeutischen Behandlung ist, dass der Betroffene die Übungen aus der Sprunggelenkschule korrekt erlernt und selbstständig und regelmäßig weiter durchführt.
Neben dem Aufbau von Stabilität und Kraft muss das Sprunggelenk vor schädlichen Einflüssen bewahrt werden. Dazu gehört die Wahl der passenden Aktivitäten und Sportarten. Zu vermeiden sind Kontaktsportarten, bei denen Schläge auf das Sprunggelenk drohen sowie gelenkbelastende Aktivitäten mit plötzlichen Richtungswechseln und Landungen auf dem Sprunggelenk.
Operationsindikation
In fortgeschrittenen Stadien ist eine operative Therapie häufig die einzige Therapieoption. Es gibt verschiedene Verfahren. Um den Knorpel zum Wachstum anzuregen, wurden früher vor allem Mikrofrakturierungen oder Bohrungen durchgeführt. In neuerer Zeit empfiehlt man zusätzlich Zelltransplantationen in diesem Bereich. Dazu dienen entweder azellulare Matrixmembranen oder Zellregenerate (autologe Knorpelzelltransplantation).
Über die auf den Defekt gelegte Matrixmembran sollen Stammzellen aus dem Blut einwandern, sich zu Faserknorpel ausdifferenzieren und dadurch die Knorpelregeneration unterstützen. Für die autologe Knorpelzelltransplantation entnimmt man Knorpelzellen (meist aus dem Knie) und vermehrt diese in einer Kultur im Labor. Nach mehreren Wochen werden die Zellen in den Defekt eingebracht. Dort sollen die Zellen dann zur Regeneration des Knorpels führen, was nach einer ausreichend langen Entlastungsphase teilweise gelingt. Beide Verfahren benötigen eine lange Nachbehandlungsdauer. Die Membranmethode hat den Vorteil, dass es sich nur um einen Eingriff handelt und nicht auf gezüchtete Zellen gewartet werden muss.
Bei Knochendefekten sind zusätzlich Knochenverpflanzungen erforderlich. Unabdingbar ist zudem, Fußfehlstellungen oder auf Bandschäden beruhende Mehrbeweglichkeiten gleichzeitig mitzubehandeln, um Rezidive zu vermeiden.